Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit, zwischen Kuschel-Kind und Kundschafter
Am Anfang war das Kuschel-Kind
Als ich Vater wurde, hatte ich ein ganz konkretes Bild im Kopf, auf das ich mich sehr gefreut habe: mitten in der Nacht hört man kleine Füße auf dem Parkett, das Kind kommt mit dem Kuscheltier an der Hand ins Schlafzimmer gelaufen und krabbelt zu uns Eltern ins Bett. Wir alle schlafen selig weiter bis zum nächsten Morgen.
Das hat auf verschiedene Weise nicht geklappt:
Zwischen Kuscheln und Peinlich
Unser großer Leo geht inzwischen in die Schule. Kurz vorher gab es noch eine Zeit, in der viel gekuschelt wurde, wir jede Nacht Besuch bekamen und das Kind recht anhänglich war. Jetzt will Leo beim Einschlafen immer noch kuscheln, aber bitte nur mit der Mama. Kitzel-Rangeleien werden seltener. Gleichzeitig beginnt aber auch die Zeit, in der Zärtlichkeit vor anderen als unangenehm empfunden wird. Das gipfelt beim Bringen in oder Abholen von der Schule. Ich freue mich auf meinen Sohn, will ihn drücken und sofort wissen, wie sein Tag war. Antwort? “Papa, das ist voll peinlich…die anderen sehen uns doch!”
Wenn Kinder Flügge werden: Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit
Die Zeit des Schuleintrittes ist die der wachsenden Selbstständigkeit. Die Schule ist das Territorium des Kindes, Erzählungen fallen (bei uns zumindest) sehr knapp aus. Der feine Herr möchte sogar lieber länger in der OGS bleiben, als mit mir zu Hause Lego zu spielen…alles klar.
Dieses Flügge-werden ist ein für uns Eltern oft schmerzhafter Prozess, für die Kinder aber enorm wichtig:
Hier fällt auch gleich der zweite große Begriff: die Selbstwirksamkeit!
(Für die nicht-Pädagogen etc: Das ist das “Vertrauen in die eigene Tüchtigkeit” aka “Das kann ich schon selbst!!”)
Dieses Gefühl, das schon allein zu können und nicht mehr auf Hilfe angewiesen zu sein, ist außerordentlich wichtig und entscheidet mit, wie das Kind zukünftig an Aufgaben herangeht. Wir Eltern können hier Felder schaffen, in denen die Kids sowohl Selbstwirksamkeit erfahren als auch Verantwortung übernehmen.
3 Methoden, Selbstwirksamkeit und Verantwortungsbewusstsein zu fördern
Vorweg sei gesagt: hier gibt es keinen Königsweg und die hier beschriebenen Methoden sind Dinge, die bei uns zu Hause gut funktionieren. Am Ende muss man selbst als Experte für das eigene Kind entscheiden, was passt und gut tut.
Methode 1: Im Haushalt helfen
Schon seit längerer Zeit üben wir mit Leo, gewisse Aufgaben im Haushalt zu übernehmen:
“Bitte trag deinen Teller und dein Glas in die Küche.”
“Bring deine Sachen bitte selbst zum Wäschekorb.”
“Nimm bitte den Plastikmüll mit runter.”
Das führt dazu, dass er (zumindest ab und zu) wirklich gern hilft und oft fragt, was er tun kann. Die Motivation ist also da. Es bietet sich daher an, ihm kleine Aufgaben fest zu übertragen. Das kann der Gang zur Mülltonne oder das Leeren des Briefkastens sein. Wir haben uns für das Staubsaugen nach dem Abendessen (der kleine Bruder schmeißt noch viel runter) und die Pflege der Erdbeeren im Hochbeet entschieden. Beide Aufgaben werden nicht immer ohne Erinnerung, aber mit Eifer erledigt.
Dabei steigt auch das Bewusstsein, dass ein Haushalt von vier Personen nicht dauerhaft von zweien verwaltet werden kann.
Methode 2: Taschengeld
Das Gefühl, sein erstes eigenes Geld zu haben, ist offensichtlich toll für Leo! Aber viele Fragen tun sich auf: “Geld gegen Arbeit oder einfach so?”, “Wieviel Geld bekommt das Kind?”, “Was darf es damit machen?”…
Hier wird man viele, teils sehr gegensätzliche Meinungen finden. Entscheiden muss man letztendlich selbst, was für die eigene Familie stimmig ist. Wir haben uns für Folgendes entschieden:
Man möge mich in ein paar Jahren gerne fragen, ob das gut ausgegangen ist. Im Moment funktioniert das sehr gut…mal schauen, was die Zukunft bringt.
Methode 3: Der Schulweg…zu schwer?
Weniger eine Methode, vielmehr eine Haltung. Beim Schulweg mit den Kindern der Nachbarschaft beobachten wir oft, dass hier Schultaschen für das Kind getragen werden, für die ABC-Schützen an der Straße geschaut wird oder bei Regen dann doch das Auto bemüht wird. Ich möchte hier niemandem falsches Verhalten oder gar Erziehungsfehler vorwerfen, unsere Haltung führte uns zu diesen Maßnahmen:
Unser Ziel ist dabei, das Gefühl “Ich schaffe das!” zu stärken und dem Kind klar zu machen, dass es diese Aufgaben selbst übernehmen kann und darf! Je größer hier die Selbstwirksamkeit wird, desto mutiger wird das Kind (hoffentlich) in Zukunft an neue Aufgaben und Herausforderungen rangehen.
Hast du Interesse an weiteren spannenden Themen rund um die Entwicklung deines Kindes?
Dann solltest du unseren nächsten Blogbeitrag nicht verpassen: “Zahnlücken-Pubertät – Anzeichen, Tipps und Erfahrungen“. Hier teilen wir wertvolle Erkenntnisse und praktische Ratschläge, um diese besondere Phase zu meistern. Bleib dran und lass uns gemeinsam die Herausforderungen und Freuden der Elternschaft entdecken!
Suchst Du fachkundigen Rat vom Kindererziehungs-Ratgeber für die Sorgen um Dein Kind? Dann schau doch mal bei unserem Elternratgeber Dr. Hünig vorbei.